Vortrag über Ritter von Lang

2017 jährte sich zum 200. Mal die Herausgabe der ersten von insgesamt 11 "Hammelburger Reisen".

Franz Heil Anlass genug sich mit Ritter von Lang, nach dem im Hammelburger Baugebiet „Am Gericht“ eine Straße benannt wurde, zu befassen.
Heil Schmid Franz Heil, gebürtiger Hammelburger, aber seit mehr als 3 Jahrzehnten in der Schweiz wohnhaft, beschäftigte sich anlässlich des Jubiläums mit der Person und Schriftstellers Ritter von Lang und seiner Literatur. Für den Förderkreis Stadtmuseum und Denkmalpflege hielt er am 15.12.2017 in Hammelburg einen Vortrag.
Hier eine Zusammenfassung seines Vortrages:

200 Jahre „Hammelburger Reisen“ des Karl Heinrich Ritter von Lang

Hammelburg gehörte gerade ein Jahr zu Bayern, als die Stadt landesweit und sogar darüber hinaus in gebildeten Kreisen bekannt wurde. Das geschah ohne Hammelburgs Dazutun oder sogar Wissen.

Im Jahr 1817 gab Ritter von Lang die erste seiner insgesamt 11 „Hammelburger Reisen“ heraus. Sie trug den Titel: „Merkwürdige Reise über Erlangen, Dreßden, Kassel und Fulda nach Hammelburg“ Das Werk erreichte sehr schnell zweifelhaften Ruhm und musste in drei Auflagen insgesamt 8000-mal gedruckt werden. In dieser ersten Reise beschreibt er sarkastisch, ausschweifend, aber humorvoll, was er auf einer Fußreise durch viele deutsche Länder, vor allem aber zwischen dem „freundlichen Hammelburg“ und Ochsenfurt erlebt hat. Er geisselt das Zolleintreiben innerhalb Bayerns, amüsiert sich über die übertriebenen Ehrerbietungen gegenüber Staatsbeamten niedriger und erst recht hoher Ränge und über das angekündigte neue Schulsystem. In seinen Memoiren fasst er das so zusammen: „…die närrischen Zollanstalten des damaligen Generalkommissärs in Würzburg, der das Land wie eine Insel regieren und alle halbe Stunde mitten in Bayern Zoll aus dem Land und ins Land abfordern und fast für jedes Mäuseloch Pässe visieren wollte; dann reizten mich die theatralischen Aufzüge, womit aller Enden die bayerischen Beamten empfangen, bejubelt und besungen werden wollten, so dass man gar nicht mehr ruhig seine Strasse wandeln konnte…..“. Im Original der ersten Hammelburger Reise erstreckt sich die Beschreibung eines solchen Empfanges in Zeitlofs über 8 Seiten und endet mit der Entschuldigung des Empfangschefs, dass er zur Begrüssung des Ritter von Lang nur 862 Bedienstete auftreiben konnte. Auch in den weiteren zehn Hammelburger Reisen geisselt er die übertriebene Bürokratie und das zuweilen dumme und arrogante Verhalten des Adels. Diese für die damalige Zeit gewagten sarkastischen satirisch-politischen Pamphlete wurden, nach Meinung Langs, nur deswegen nicht verboten, weil König Maximilian sie zwar für dummes Zeug hielt, sich aber sehr darüber amüsierte.

Aber was hat das alles mit Hammelburg zu tun? Eigentlich nicht viel, aber der Titel „Hammelburger Reise“ war zu einem Synonym für eine satirische Betrachtung der Zeitumstände geworden. In der ersten Hammelburger Reise berichtet er, daß er zu einem „Schulmeisterturnier“ in Hammelburg eingeladen war, wo über das beste Schulsystem entschieden werden sollte. Zusammen mit ihm waren der „Pater Küchenmeister vom Kloster Saaleck“ und der „Judenvorsinger und Lotto-Collecteur Elias Springer“ von Hammelburg als Kampfrichter bestellt. Übrigens konnten die Schulmeister keinen Konsens finden und beschlossen, sich in 10 oder 20 Jahren wieder zu treffen. Bis heute hat sich also nicht viel geändert.

In den folgenden Reisen ist von unserer Stadt nur am Rande die Rede. Erst in der „neunten Fahrt“ kommt sie wieder zur Sprache. Der Titel dieser Reise lautet: „Skizzen aus dem Leben des Elias Springer Junior zu Hammelburg als Beitrag zu den Biographien der Hammelburger Zeitgenossen“ Der Autor nützt diese Lebensgeschichte, um seine spöttisch-boshaften Bemerkungen zu allen möglichen Lebenssituationen zu machen. Diesmal wird auch Hammelburg nicht verschont: Der Stadtpfarrer gerät in Zweifel, ob er den Jungen auf den Namen Elias taufen darf, es könnte ja ein „Judenknäblein“ sein. Die „Herren Lehrer“ in Hammelburg seine gewohnt „mit A Moll anzufangen und erst langsam mit C Dur nachzurücken“. Die Hammelburger sähen es nicht gerne, „wenn man ihre Kinder zu Gelehrten verbildet“ und ausserdem hätten sie vom Kaiser Sigismund bestätigte Statuten, daß alle zukünftigen Schulpläne unverändert bleiben müssten. Nach unrühmlichem Abgang von der „unberühmten Universität Fulda“ und weiteren wirren Lebensläufen endet Elias Springer wieder in Hammelburg, wo er in seinem Testament festhält, dass nach seinem Tod jährlich eine lange Leichenrede auf dem Hammelberg abzuhalten sei.

In seiner letzten, der elften Reise beschwert er sich über Hammelburg: „Übrigens ist es mir kein geringer Stachel in meinem Herzen gewesen, daß die löbliche Stadt Hammelburg, zu deren Ruhm und Ehre ich bereits 10 Fahrten unternommen, mir darüber auch noch nie die allergeringste Anerkennung und Dankbarkeit bezeugt“. Immerhin wurde fast 200 Jahre später eine Straße nach ihm benannt.

Ritter von Lang war kein Literat. Sein Stil ist sehr weitschweifig, mit ellenlangen Sätzen. Er verdeckt dadurch manch geistreiche, skurrile und lustige Gedankengänge. Für heutige Leser sind seine „Hammelburger Reisen“ leider schwer lesbar.

1818 erschien das folgende Buch: „Rückblick auf meine merkwürdige Reise über Hammelburg“. Hier wird Hammelburg gleich zum „großen Kaiserreich“ das unter den Römern eines der mächtigsten in Europa gewesen und von Karl dem Großen als eine der schönsten Perlen in seiner Kaiserkrone bezeichnet worden sei. Die Geschichte Hammelburgs und der weiteren Umgebung wird weitschweifig und großzügig interpretiert. Alles in der Stadt ist angeblich bestens organisiert, die Infrastruktur wird gelobt, die Verwaltung arbeitet flink und ehrlich, die Schullehrer können nicht nur lesen, sondern auch schreiben. Die Frauen sind „Wesen voll Grazie, mit himmlischem Gesichtchen vom feinsten Teint“. Die Juden allerdings würden diese ideale Welt stören. Eine Bemerkung, die zu dieser Zeit häufig zu lesen ist.

Ritter von Lang 3 Allerdings ist dieser „Rückblick“ nicht von Ritter von Lang verfasst. Ein gewisser Heinrich Joachim Jäck, ein ehemaliger Zisterziensermönch, veröffentlichte den Text ohne Autorenangabe, um den Erfolg Langs mit seinen „Hammelburger Reisen“ zu nützen. In einer Zeitungsannonce in der „Baierischen National-Zeitung“ vom 10. Oktober 1818 beschwert sich Ritter von Lang darüber. Er selbst hat übrigens nie schlecht über die Juden geschrieben.

Karl Heinrich Ritter von Lang wurde 1764 als Pfarrerssohn in der Nähe von Nördlingen geboren. Nach Studien in Altdorf und Göttingen war er Hauslehrer u.a. in Wien. Im Fürstentum Ansbach arbeitete er für Karl August von Hardenberg und später in München auf Fürsprache von Graf Montgelas als Direktor des Landesarchivs, dann des Reichsarchivs und später des Reichs-Heroldsamtes. König Maximilian erhob ihn 1808 in den persönlichen Ritterstand. 1817 wurde er wegen seiner „Kritiklust“, bekannt als „Adelsfresser“, in den Ruhestand versetzt. Er zog nach Ansbach, wo er sich weiter dem Schreiben widmete. Neben den Hammelburger Reisen verfasste er viele historische Werke, Adelsbücher und seine eigenen Memoiren. Kurz vor der Vollendung seiner zwölften „Hammelburger Reise“ verstarb er 1835 in Ansbach im 71. Lebensjahr.

Franz Heil


Literaturhinweis:

  • https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lang,_Karl_Heinrich_Ritter_von&oldid=2500861
  • Rückblick auf meine merkwürdige Reise über Hammelburg &c.
    Text: Jäck, Joachim Heinrich ([Bamberg] : [Schmidt], 1818)
    Bayerische Staatsbibliothek
    https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/5AYN3NJYZ3YBC3VYTZGY7M3WC7TCOPBR
  • Literatur von Karl Heinrich von Lang im BVB
  • Literatur über Karl Heinrich von Lang im BVB
  • https://de.wikisource.org/wiki/ADB:Lang,_Karl_Heinrich_Ritter_von
  • Merkwürdige Reise über Erlangen, Dressden, Kassel und Fulda nach Hammelburg. 1817–1828
    o Bände 1–3: 1. Fahrt. 2. Meine harten Schicksale im Kautzen-Land. 3. Fahrt. München 1817–1818 Google
    o Bände 4–6: 4. Neueste Nachrichten aus den Landen Großgescheid und Kleingescheid. 5. Meine Verwaltung in Neugescheid. 6. Mein Aufenthalt am Hofe des Freischützen Fürsten Ottokars. Ansbach 1821–1823 Google
    o Bände 6–9: 6. Mein Aufenthalt am Hofe des Freischützen Fürsten Ottokars. 7. Meine Schicksale als Karthäuser im Kloster Grünau. 8. Meine Begebenheit am Hofe des Fürsten Ypsilandi in Griechenland. 9. Skizzen aus dem Leben des Herrn Elias Springer Junior zu Hammelburg. Ansbach und Nürnberg 1823-1828 Google
  • Hammelburger Conversations Lexicon. Ankündigung und erstes Probeheft. Hammelburg 1819 Google
  • Memoiren. Braunschweig: Vieweg 1842 Google
  • Hammelburger Reise, erste bis elfte Fahrt nebst Concersationslexicon, Nürnberg bei Riegel und Wiesner, 1842; Band 1 und 2 in dritter Auflage, übrige in erster Ausgabe
  • Aus der bösen alten Zeit, Lebenserinnerungen des Ritters Karl Heinrich von Lang; Memoiren Bibliothek
  • Die Hammelburger Reisen des Ritter von Lang. Herausgegeben von Bruno Kaiser, 1954; Rütten und Loening, Berlin
  • Nachruf, Allgemeine Zeitung München 1835

Anmerkung: Alle Links Stand Dez. 2017

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